Ein Wettlauf gegen die Zeit: Minenräumung in der Ukraine

Ein Wettlauf gegen die Zeit: Minenräumung in der Ukraine

Am Internationalen Tag der Aufklärung über Minen und der Unterstützung bei der Minenräumung möchten wir an die Dringlichkeit der Minenräumung erinnern, insbesondere in der Ukraine. Von dort berichtet uns unser Projektpartner FSD (Fondation Suisse de Déminage) über die aktuelle Situation.

Die Dringlichkeit der Minenräumung

Rund ein Drittel des Landes ist kontaminiert. Die Gefahren, die für die Zivilbevölkerung von Sprengfallen aller Art ausgehen, ist groß. Laut FSD sind allein im März 2023 in der Ukraine mehr als 100 Zivilisten durch Minen und andere Sprengkörper getötet oder verstümmelt worden.

Gefahren mit dem Einsetzen des Frühlings

Mit dem wärmeren Wetter steigt die Zahl der Minenunfälle meist nochmals an. „Wenn es um Unfälle mit Minen und explosiven Kampfmittelrückständen geht, ist die Rückkehr des Frühlings oft tödlich“, sagt Hansjörg Eberle, Direktor des FSD. Viele Tätigkeiten im Freien, wie im Wald nach Beeren oder Pilze suchen, Brennholz sammeln oder auch nur Aktivitäten wie Wandern können zu vielen Opfern führen.

Auch die Rückkehr in die Heimatdörfer birgt besondere Gefahren, wie Eberle erklärt: „Mit dem wärmeren Wetter kehren vermehrt Vertriebene in ihre Dörfer zurück, die die gefährlichen Gebiete und die Art der Sprengsätze in ihren Heimatdörfern nicht kennen und daher stärker gefährdet sind.“

Die Herausforderung der Entminung

Die Entminung wird immer komplizierter, da die Vegetation die Sicht auf Minen und andere Sprengkörper einschränkt. „Ein Metalldetektor erreicht nur dann die erforderliche Entdeckungstiefe, wenn er in einem Abstand von weniger als fünf Zentimetern zum Boden eingesetzt wird“, sagt Alex van Roy, stellvertretender Einsatzleiter des FSD.

Das Risiko für Kinder und die Zivilbevölkerung

Nicht nur Antipersonenminen, sondern auch andere Munitionsteile stellen eine extreme Gefahr dar. „Stellen Sie sich nun vor, dass diese Munition manchmal jahrzehntelang gelagert wird, bevor sie zum Einsatz kommt […] Dies führt leicht zu einer Ausfallquote von 10 % oder mehr“, erklärt van Roy. Diese nach wie vor explosiven Kampfmittelrückstände stellen eine große Gefahrenquelle dar.

Unser Engagement und die Bedeutung des Minenaktionstags

Gemeinsam mit dem FSD setzen wir uns für die Minenräumung und Risikoaufklärung in der Ukraine ein. Seit Februar 2022 haben FSD-Teams mehr als 1.200 Sprengkörper geortet und fast 60.000 Menschen haben an den von GGL mitfinanzierten Aufklärungsveranstaltungen teilgenommen.

„Wir dürfen aber nicht vergessen, dass Minen und nicht explodierte Kampfmittel auch in über 60 anderen Ländern eine ständige Bedrohung für die Bevölkerung darstellen“, sagt Hansjörg Eberle.

An diesem wichtigen Tag appellieren wir an Ihre Solidarität und Unterstützung. Gemeinsam können wir Leben retten und eine sicherere Zukunft für alle schaffen.

4. April – Start unserer Petition gegen Landmineneinsatz!

4. April – Start unserer Petition gegen Landmineneinsatz!

Stoppen Sie den Einsatz von Landminen und Streubomben in der Ukraine

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine wird seit mehr als 400 Tagen mit brutaler Gewalt geführt. Durch den nachgewiesenen Einsatz von Landminen und Streubomben wurden bereits hunderte Zivilist:innen getötet oder verletzt.

Werden Sie aktiv und fordern Sie die politischen Entscheidungsträger:innen in Österreich auf, sich mit allen zur Verfügung stehenden diplomatischen Mitteln dafür einzusetzen, die Verwendung dieser geächteten Waffen zu verhindern, die Minenräumung in der Ukraine voranzutreiben und den Opfern zu helfen.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident Van der Bellen, sehr geehrter Herr Bundeskanzler Nehammer, sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung, sehr geehrte Mitglieder des österreichischen Nationalrats!

Die Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij vor dem österreichischen Nationalrat [1] am 30. März hat eindrücklich die verheerenden Folgen des Einsatzes von Landminen und Streubomben in der Ukraine thematisiert. Eine Fläche von rund 175.000 km2, das ist mehr als die doppelte Fläche Österreichs, ist demnach mit diesen tödlichen Sprengfallen kontaminiert. Fachleute gehen sogar von 250.000 km2 aus, was der Größe des Vereinigten Königreichs entsprechen würde [2]. Hauptleidtragende dieser verheerenden Situation sind Zivilpersonen, vor allem Kinder.

Gemeinsam gegen Landminen – GGL Austria nimmt den 4. April, den Internationalen Tag zur Aufklärung über die Minengefahr und zur Unterstützung bei Antiminenprogrammen, zum Anlass, mit dieser Petition an alle politischen Entscheidungsträger:innen in Österreich zu appellieren, sich für einen sofortigen Stopp der Verwendung von Landminen und Streubomben in der Ukraine einzusetzen und alle diplomatischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um zu bewirken, dass die im Folgenden angeführten, an die Kriegsparteien gerichteten Forderungen umgesetzt werden:

Wir, die Unterzeichner:innen dieser Petition, fordern alle involvierten Parteien, allen voran Russland als Aggressor dieses Krieges, auf, den Schutz der Zivilbevölkerung und die Achtung des humanitären Völkerrechts zu gewährleisten.

Wir fordern Russland auf, den Einsatz von Landminen und Streubomben umgehend zu beenden, die internationalen Vereinbarungen zum Verbot von Antipersonenminen [3] und Streumunition [4] einzuhalten und diesen beizutreten, sich aus der Ukraine zurückzuziehen und eine rasche und umfassende humanitäre Minenräumung durch die Übergabe von diesbezüglichem Kartenmaterial und finanzieller Mittel substantiell zu unterstützen.

Wir fordern die Ukraine auf, die strengen Verbote und Richtlinien des Minenverbotsvertrags, welcher in der Ukraine nach der Ratifizierung von 2005 bereits seit 2006 in Kraft ist, vollinhaltlich einzuhalten. Insbesondere fordern wir die Ukraine auf, auf den Einsatz von PFM-Antipersonenminen, welche sich noch in deren Lagerbeständen befinden, zu verzichten und den diskutierten Einsatz dieser Sprengfallen durch ukrainische Truppen [5] detailliert zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Schließlich fordern wir die Ukraine auf, die Sicherung und Vernichtung ihrer Bestände an Antipersonenminen konsequent und zeitnah umzusetzen und dem Abkommen über Streumunition beizutreten.

Wir fordern beide Kriegsparteien auf, ausreichende Mittel für die Minenopferhilfe bereitzustellen, mitzuhelfen, alle – sowohl ukrainische als auch russische – Opfer von Landminen und Streubomben zu erfassen und diese dabei zu unterstützen, dass sie medizinische Hilfe – inklusive Bereitstellung von adäquaten Hilfsmitteln wie Prothesen und psychosozialer Unterstützung – sowie eine angemessene Entschädigung und neue berufliche Perspektiven erhalten.

Gemeinsam gegen Landminen – GGL Austria [6] unterstützt als österreichische Hilfsorganisation seit 2017 Projekte zur Unfallvermeidung und Minenräumung in der Ukraine. Als Mitglied von The International Campaign to Ban Landmines – Cluster Munition Coalition (ICBL-CMC), eines globalen Netzwerks an Nichtregierungsorganisationen in über 100 Ländern [7], setzen wir uns seit 2002 für Minenopfer und für eine Welt frei von Landminen und Streumunition ein.

Die Eintragungszeit für diese Petiton ist beendet.

Wir danken allen, die sich unserem Anliegen angeschlossen haben!

 

 

[1] Wolodymyr Selenskijs Rede im Parlament im Wortlaut. In: Die Presse (online). 30.03.2023, abgerufen am 2. April 2023.
[2] Humanitäre Minenräumorganisation fordert „Marshallplan für die Minen“ für die Ukraine. In: APA-OTS (online). 16.02.2023, abgerufen am 2. April 2023.
[3] Minenverbotsvertrag. In: Gemeinsam gegen Landminen (online). Februar 2023, abgerufen am 2. April 2023.
[4] Abkommen über Streumunition. In: Gemeinsam gegen Landminen (online). Februar 2023, abgerufen am 2. April 2023.
[5] Background Briefing on Landmine Use in Ukraine. In: Human Rights Watch (online). Juni 2022, abgerufen am 2. April 2023.
[6] Siehe weiterführend: www.landmine.at
[7] Siehe weiterführend: www.icblcmc.org

Selenskijs Alarmruf: Landminen in der Ukraine

Selenskijs Alarmruf: Landminen in der Ukraine

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij hat bei seine Rede im österreichischen Parlament via Liveschaltung über die gravierende Minenproblematik in seinem Land gesprochen. Die Zahlen und Geschichten, die er dabei erwähnte, sind erschütternd. Sie unterstreichen die Notwendigkeit, dringend Maßnahmen zu ergreifen.

Verheerende Zahlen

Selenskij berichtete, dass ein Gebiet von 174.000 Quadratkilometern des ukrainischen Territoriums mit Landminen verseucht ist. Dieses Gebiet ist doppelt so groß wie Österreich. Auf dieser riesigen Fläche, so Selenskij, liegen Hunderttausende von Antipersonenminen, Panzerabwehrminen, Raketen der Raketenartillerie, Fliegerbomben und Mörsern, die nicht explodiert sind.

Gezielte Fallen

Nicht nur die militärischen Gebiete sind demnach betroffen, sondern auch zivile Orte wie Häuser, Autos, Straßenränder, Gärten und Parks. Sprengfallen wurden von den Besatzungstruppen gezielt gegen Zivilisten platziert. Beispielsweise wurde eine Handgranate unter einem Plastikbecher in der Region Kyjiw getarnt. Eine weitere wurde unter dem Deckel eines Klaviers in einem gewöhnlichen Haus versteckt.

Tägliche Berichte über Explosionen

Selenskij sprach von „Tausenden von solchen Beispielen“ und stellte fest, dass trotz der Bemühungen zur Räumung täglich Berichte über Explosionen vorliegen, die Menschen getötet oder verstümmelt haben.

Ein dringender Appell

Diese alarmierenden Informationen verdeutlichen, wie wichtig es ist, effektive Maßnahmen zur Minenräumung und Aufklärung der Bevölkerung zu ergreifen. GGL hilft auch 2023 dabei mit, Kinder und Jugendliche vor den Gefahren zu warnen. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt unserer heurigen Unterstützung ist die Entminung von Kindergärten und Schulen, damit ukrainische Kinder wieder in einer sicheren Umgebung lernen können.

Um unsere Arbeit fortsetzen und ausweiten zu können, benötigen wir Ihre Unterstützung. Jede Spende hilft uns, Kinder jeden Alters vor den Gefahren zu warnen und so mehr Leben zu retten.

 

Wolodymyr Selenskijs Rede im Parlament im Wortlaut. In: Die Presse (online). 30.03.2023, abgerufen am 31. März 2023.

Burma (Myanmar): Minenrisiko-Aufklärung für ein sichereres Leben

Burma (Myanmar): Minenrisiko-Aufklärung für ein sichereres Leben

„Kinder vor den Gefahren zu warnen ist uns besonders wichtig. Sie halten sich viel im Freien auf, hüten Tiere oder sammeln Holz. Kinder spielen und sind neugierig. Daher wiederholen wir mit ihnen immer wieder wichtige Regeln, wie: Berühre Sprengfallen nicht und bewerfe sie nicht mit Steinen, denn sie können explodieren und auch aus der Entfernung einen großen Schaden anrichten. Auch unscheinbare Zünder können schwere Verletzungen verursachen“, erzählt Thaw Tu, GGL-Projektleiter in Burma.

Im letzten Jahr informierte Thaw Tu – trotz Repressalien der burmesischen Militärjunta – mit seinem Team 2.425 Kinder und Erwachsene über den Selbstschutz vor Sprengfallen. Auch brachte er für 1.849 Personen, darunter 805 Kleinkinder, medizinische Hilfe in die entlegenen Dörfer.

Es war Mitten in der Nacht, als das burmesische Militär das kleine Dorf Htee Khee im vergangenen September mit Granatwerfern beschoss. Das Hüttendach von Poe Kyaw fing Feuer. Nur starker Regen verhinderte, dass die Flammen auch andere Hütten zerstörten. Poe Kyaw verlor ihr Heim, aber zum Glück kamen sie und ihre Kinder mit dem Leben davon. Zusammen mit ihrer kleinen Tochter Blay Moo und zwei Söhnen wohnt sie seitdem bei Nachbarn. Die Dorfgemeinschaft wollte ihr beim Wiederaufbau ihrer Hütte helfen. Doch die ganze Gegend ist mit Sprengfallen verseucht. Niemand traute sich in den Wald, um dort Holz und Material für die Dachbedeckung zu holen. In unserer Minenrisiko-Aufklärung lernte die Dorfgemeinschaft, wie sie den Wald trotz Sprengfallen sicher nutzen kann. Bald wird Poe Kyaw wieder in ihrer eigenen Hütte wohnen können.

Fast jede der 229 Minenexplosionen des Vorjahres bedeutete für zwei Menschen den Tod oder schwere Verletzung. Viele dieser Minenunfälle zerrissen Familien, brachten Trauer und Not. Sie hinterließen verarmte Kinder, deren Väter für immer fehlen oder nicht mehr imstande sind, für ihre Liebsten zu sorgen. Oder Mütter, die ihre verunglückten Kinder nie mehr in die Arme schließen können.

Mit unserer Aufklärungsarbeit können wir zwar die Sprengfallen nicht beseitigen, aber wir können dafür sorgen, dass die Betroffenen – vor allem Kinder! – Unfälle vermeiden lernen.

Danke, dass Sie Kinder vor Unglück bewahren!

land of mine. Ausstellungseröffnung am Minenaktionstag

land of mine. Ausstellungseröffnung am Minenaktionstag

Am 4. April, dem internationalen Minenaktionstag, eröffnet die Ausstellung land of mine. Bosnien und Herzegowinas ungewollte Bodenschätze in der Wiener Galerie DIT. Gemeinsam gegen Landminen unterstützte die Umsetzung des Projekts und die Ausstellungseröffnung. Gemeinsam mit der Künstlerin lädt GGL zur Vernissage.

Mit dem Projekt land of mine untersuchte die Künstlerin Irena Pejčić, wie Landminen in Bosnien und Herzegowina die Bewegungsfreiheit – ein grundlegendes Menschenrecht – auch Jahrzehnte nach dem Krieg einschränken.

Die Recherche umfasste Gespräche mit mehreren NGOs in Bosnien und Herzegowina sowie Österreich (Norwegian People’s Aid BiH, Posavina bez mina, Organization of Amputees UDAS Banja Luka, Gemeinsam gegen Landminen – GGL) und einen Besuch eines geräumten Minenfeldes mit dem Team, das an der Räumung beteiligt war.

Irena Pejčić ist eine konzeptionelle und gesellschaftskritische Künstlerin. Sie wurde in Doboj, Bosnien-Herzegowina geboren. Ihre Familie kam nach Österreich als sie zwei Jahre alt war. Pejčić schloss die Ausbildung (Abendkolleg sowie Meister·innenschule) in Grafik- und Kommunikationsdesign im Juni 2021 an der ›die Graphische‹ ab. Exakt ein Jahr später gründete Sie ihr Studio »visual agitation« für visuelle Kommunikation in Wien.

Die Ausstellung eröffnet am 04.04., 18 Uhr in der Galerie DIT., Schleifmühlgasse 1, 1040 Wien. Pejčić präsentiert ihre Skulpturen — Stümpfe der Überlebenden von Landminen. Alfred Göttl, ehemaliger Kampfmittelbeseitiger, und Barbara Kopf, die Geschäftsführerin von Gemeinsam gegen Landminen werden über die Thematik referieren.

Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 29. April in der Galerie DIT.